Magnum Mysterium, Jürgen Scharf, 04.02.2016

„O Magnum Mysterium“

Von Jürgen Scharf

Rheinfelden. Sie sind spezialisiert auf themenbezogene Programme wie „Lachen und Weinen“ oder „Musik zum Frieden“. Und sie waren auch schon öfter in Rheinfelden mit ihren Schwerpunktprogrammen. Jetzt kamen die Zürcher Vokalisten wieder in die voll besetzte Rheinfelder Christuskirche, um neue gregorianische Gesänge vorzustellen.

Auf das, was in Klöstern und Kirchen des Mittelalters gesungen wurde, bauen heutige Komponisten auf, indem sie neue harmonische und dissonante Klanggebäude schaffen. Eine Art Neo-Gregorianik, von den Komponisten jeweils in persönlicher Art reflektiert und in eigenwilliger Tonsprache umgesetzt: interessante Rückgriffe auf gregorianische Choräle, deren Duktus übernommen oder zitiert wird.

Kompositorisch spannend ist der „Song for Athene“ von John Tavener mit einem dichten Klangteppich an engen Intervallen über einem gleichbleibenden Bass-Ostinato. Raffinierte Klangwirkungen erzeugt Knut Nystedt mit einem flächigen, übereinander geschichteten clusterähnlichen Klang mit Dissonanzen und Dur-Akkorden in „O Crux“.

Innovative, moderne nordische Chormusik

Überhaupt ist besonders die moderne nordische Chormusik sehr innovativ. Das hörte man in Jaakko Mäntyjärvis „Ave Maria“ mit dem im Flüsterton murmelnd skandierten Text der Frauenstimmen, während darunter die Männerstimmen den gregorianischen Choral singen und am Schluss das Gebet über einem Grundton deklamiert wird. Wenn Vokalwerke den Begriff „Neue Gregorianik“ verdienen, dann sicher diese.

Nicht jedermanns Sache ist die Neue Einfachheit in ihrer sakralen Spielart bei Arvo Pärt. Die sieben auf deutsch gesungenen Magnificat-Antiphonen des Esten sind in ihrem „Zurück zur Einfachheit“ monoton, aber eindrücklich. Vokaltechnisch geht der Chor bei Pärt in den höchsten Sopranlagen an die Leistungsgrenze.

Generell überzeugte in diesem nach dem großen Geheimnis betitelten Programm „O Magnum Mysterium“ die saubere Intonation bei harmonischen Kühnheiten und die transparente Stimmführung unter Leitung von Christian Dillig, der dafür sorgte, dass der Chor deutlich artikuliert und ein gutes Maß an chorischer Perfektion vorführt. Ein schwerfälliger Chorklang würde diesen schwebenden Klängen auch schlecht anstehen.

Homogene A-cappella-Kultur

Beeindruckend war auch die nicht nachlassende Innenspannung, angefangen von den „Northern Lights“ (Nordlichter) des Norwegers Ola Gjeilo bis zu dem großen kantablen Bogen im „Alleluia“ des Amerikaners Eric Whitacres, in denen die Zürcher Vokalisten die geistlichen Texte, ob in lateinisch, englisch oder deutsch, in klarer, homogener A-cappella-Kultur aufscheinen lassen.

Foto: Jürgen Scharf

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